CD Review: Eisbrecher – „Sturmfahrt“

Seit 2002 rockt die süddeutsche Band Eisbrecher mit ihrer „deutschsprachigen Rockmusik mit Elektro-Elementen“ – wie sie sich selbst kategorisieren – nicht nur unsere Republik. Mittlerweile haben sich die charismatischen Bayern, ähnlich wie ihre Vorreiter Rammstein, zu DEM deutschen Rock-Export gemausert. Aber eben auch in der Heimat sind die Fünf gern gesehende Gäste auf den kleinen und großen Bühnen. Ob auf Szene-Festivals wie dem M’era Luna, dem Amphi, oder dem 2017 erstmals stattfindenden und bandeigenen Volle Kraft Voraus Festival – wenn der Kapitän ruft, strömen die Massen herbei und feiern die Mannen aus dem Süden, als gäb’s kein Morgen.

Nach den erfolgreichen Alben Eisbrecher (VÖ 2004), Antikörper (VÖ 2006), Sünde (VÖ 2008), Eiszeit (VÖ 2010), Die Hölle Muss Warten (VÖ 2012) und Schock (VÖ 2015), folgt nun ihr 7. Studio-Album Sturmfahrt, welches am 18. August Veröffentlichung feiert.

Mit brachialem Sound schmettern Eisbrecher dem Hörer damit 14 neue Tracks entgegen, die gewohnt gesellschaftskritisch sind, zum Nachdenken anregen, aber auch einfach zum Abfeiern genutzt werden können.

Der Opener Was Ist Hier Los? wurde vorab schon als Single Auskopplung veröffentlicht und bei Festival-Auftritten auch bereits Live gespielt. Aber es ist nicht nur ein Song mit Ohrwurm-Charakter, sondern auch mit tieferem Sinn. Untermalt wird dieser noch zusätzlich im mitgelieferten Video – doch Achtung, einige Bilder sind nichts für schwache Nerven. Es geht um all das, was in unserer Welt falsch läuft – globale Erwärmung, Menschen gemachte Naturkatastrophen, Umweltverschmutzung, Massentierhaltung, die Flüchtlingskrise, Krieg, Terror und der krasse Gegensatz zwischen Arm und Reich, zwischen Hunger und Fettlebigkeit. Alles Dinge, die uns täglich in den Nachrichten präsentiert werden, gleich zwischen „Was macht Promi XY heute“ und „Die neusten Abnehmtricks der Stars“. Ein Zustand bei dem man sich wirklich nur noch fragen kann: Was ist hier los?

Mit dem Folgestück Besser geben Eisbrecher einen Rat, wie man mit Menschen umgehen solle, die einem nicht gut tun: „Es ist besser du gehst jetzt. Du bist alles, was mich krank macht, mich zerstört und ruiniert. Es ist besser du gehst jetzt. Ich packe dich mit deinen Koffern voller Lügen vor die Tür!“ Gewohnt gerade heraus und ganz direkt, so sind sie eben die Herren von Eisbrecher. Mit dem Titelsong Sturmfahrt haben Alexx und Co. den nächsten Ohrwurm-Kandidaten auf den Silberling gebracht. Melodisch, energiegeladen und in bester Eisbrecher-Manier stampft der Track voran: „Du willst es doch auch, was hält dich noch auf? Wer kann schon wiedersteh’n, wenn wir auf Sturmfahrt geh’n? Mit Volldampf voran, auf in den Untergang!“ In den Untergang geht es gemeinsam auch In Einem Boot. Hier bedienen sich die Herren der Titelmelodie des Filmklassikers Das Boot und erschaffen eine eindrucksvolle Ballade, die ihresgleichen sucht.

Es folgen die Songs Automat, ein millitant voran stampfender NDH-Song, Eisbär, bei dem es sich um eine sehr gelungene elektronisch gehaltene Cover-Version des NDW-Klassikers von Grauzone handelt, Der Wahnsinn, der zum Mitsingen und Abfeiern einläd, und Herz Auf, mit dem es eine weitere Rock-Ballade auf das Album geschafft hat.Eine kleine Verschnaufpause zwischen alle den Rock-Songs. Doch keineswegs zu lang, denn mit Krieger wird man direkt wieder aufgeweckt. Eine Fliegeralarm-Sirene ertönt und wird von starken Gitarrenriffs durchbrochen. In dieses Muster reiht sich auch Das Gesetz ein.

Ballade Nummer Drei ist mit dem gefühlvollen Wo Geht Der Teufel Hin auf den neuen Silberling gebannt. Wir Sind Rock’n’Roll passt wie Arsch auf Eimer zu Eisbrecher. Der Track kommt an die Härte der anderen Werke zwar melodisch nicht ganz heran, weiß aber dennoch zu überzegen und könnte durchaus zu einem gefeierten Party-Kracher werden. D-Zug ist ein Metaphern-reicher Song, der viel Spielraum für Interpretaionen lässt, während er sich dabei in das bisherige musikalische Gefüge einbettet. Mit dem Abschluss-Song Das Leben Wartet Nicht wird es erneut etwas ruhiger. Der Kapitän verabschiedet den Hörer mit der Forderung sein Leben bei den Hörnern zu packen und etwas Gescheites daraus zu machen. Ein würdiger und stimmiger Abschluss des Albums.

Mit Sturmfahrt führen Eisbrecher ihre Erfolgsstory noch ein Stück weiter. Es reiht sich perfekt in die Bandgeschichte ein, ohne sich dabei wie Einheitsbrei anzuhören. Eisbrecher schaffen es, ihrem Stil treu zu bleiben ohne sich zu wiederholen und sich trotzdem weiterzuentwickeln. Ein schöner Mix aus harten Sounds, weichen Melodien und tiefgründigen Balladen. Dazu Alexx‘ Stimme, die – eindringlich und direkt wie immer – die Präsens und Performance auf der Bühne schon erahnen lässt. Ein geelungenes Rundum-Glücklich-Paket für alle alten und neuen Fans.

Tracklist: 01. Was Ist Hier Los?
02. Besser
03. Sturmfahrt
04. In Einem Boot
05. Automat
06. Eisbär
07. Der Wahnsinn
08. Herz Auf
09. Krieger
10. Das Gesetz
11. Wo Geht Der Teufel Hin
12. Wir Sind Rock’n’Roll
13. D-Zug
14. Das Leben Wartet Nicht
Release: 18. August 2017
Genre: NDH / Rock
Label: Sony Music
Anspieltipp: Was Ist Hier Los?, Sturmfahrt, Das Gesetz
Homepage: www.eis-brecher.com

Text: Steph Lensky

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