Album Review: Unzucht – „Jenseits der Welt“

Wir sagen JA! – zum neuen Album der Unzucht! Pünktlich zum Jubiläumsjahr veröffentlicht die Hannoveraner Band um Sänger Daniel Schulz den neuen Tonträger Jenseits der Welt. Bereits im Dezember 2019 erschien mit Nein die erste Single – zunächst etwas
ungewohnt, da sich der Song eher in Richtung Neue Deutsche Härte-Klassiker von Eisbrecher und Co. einreiht. Aber spätestens beim zweiten oder dritten Anhören geht auch der eigentlich siebte Track ins Ohr und besticht vor allem durch das Video mit Gitarrist De Clercq in der Hauptrolle. Eröffnet wird das nunmehr sechste Album direkt vom titelgebenden Song Jenseits der Welt, welcher mitnichten der ersten Single folgt. In bester Unzucht-Manier reißt einen der Opener mit auf die Reise durch die hellen und dunklen Seiten des Lebens und des eigenen Geistes.

“Gewissheit ist ein leichter Weg, doch kalt der Wind, der auf ihm weht, denn lässt man leise Zweifel zu, dann strauchelt man – wie ich und du” – der zweite Track beschreibt damit eine Situation, in der sich sicherlich viele schon einmal wiedergefunden haben. Kleinste Zweifel
oder ein Moment der Angst, der so vieles nach sich zieht und zerstören kann – wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. Sowohl textlich als auch musikalisch mit einem gesunden Mix aus Gitarren und elektronischen Klängen einer der stärksten Songs auf dem neuen Album!‘
Sonnentod könnte dafür zweifellos als Fortsetzung zu Ich und Du gesehen werden. “Ich fang dich auf, lass dich nicht los” – denn auch die Melancholie und Unsicherheit, die in Ich und Du gesät werden, fängt der Folgetrack nicht nur inhaltlich wieder auf und trägt die Hörer weiter…

…bis zum Horizont. “Leinen los, setz deine Segel, am Horizont, da ist die Welt noch nicht vorbei” – der Song erinnert daran, nicht immer nur den Erwartungen anderer entsprechen zu wollen und sich selbst auszubremsen sondern auch mal loszulassen und weiterzuziehen.
Zusammen mit Caliban-Sänger Andy Dörner präsentieren sich Unzucht auch in der zweiten Single-Auskopplung wieder von ihrer härteren Seite. Melodischen Gesang findet man hier erst wieder ab der Hälfte des Songs im Refrain – dafür unterstreicht das Screamen zusätzlich den Druck und den Wunsch auszubrechen nach Misanthropia – den Wunsch, niemanden um sich herum oder mit sich mitzutragen hat sicher schon der Eine oder Andere verspürt.

Eine Ballade darf auch auf dem neuesten Werk der Unzucht nicht fehlen. Im Gegensatz zum Rest des Albums ist Chamäleon wieder ruhiger, reiht sich aber dennoch musikalisch mit Gitarren-Riffs nahtlos mit ein.

Zu Nein bleibt nicht viel mehr zu sagen als bereits zu Beginn – hier zeigen sich Unzucht von einer eher “harten Seite” und driften – zumindest für den einen oder anderen Fan – wohl ein wenig zu weit vom Dark Rock zur Neuen Deutschen Härte ab. Aber was wäre denn eine Band, die nicht auch mal über den Tellerrand blickt und von ihren altbewährten Mustern abweicht? Gerade Unzucht sind schließlich nicht gerade für ihre Engstirnigkeit bekannt und gerade in Zeiten, in denen es wieder notwendig wird, sich dagegen zu stellen, ist Nein auch die wohl beste Wahl für einen ersten Vorgeschmack auf das neue Album gewesen.

Leben um des Lebens Willen – nicht, um zu entsprechen oder etwas zu sein, was man nicht ist. Gänsehaut garantiert bei Unsterblich, nicht zuletzt durch den eindringlichen Gesang von Daniel Schulz.
“Wenn du in den Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch zurück” – Monsterfreilaufgehege erhält nicht nur den Award für den längsten Songtitel des Albums; mit dem Gedanken an eine dunkle Seite in allem und jedem ist es auch mein Favorit auf Jenseits der Welt.

Frieden hingegen zeigt sich passend als Antwort sowohl zu Misanthropia als auch zu Monsterfreilaufgehege versöhnlich mit sich selbst und der Welt in einem Augenblick, in dem einem nichts weiter bleibt als die Gedanken während man in seinem Körper gefangen ist – “Ich lasse los, es ist soweit”. Mit Panzerechse wird das Album mit einem Instrumental-Track abgeschlossen, der sicherlich in der einen oder anderen Disko zu hören sein wird.

Alle, die jetzt noch nicht überzeugt sein sollten, sei die aktuelle Single und Titelsong
“Jenseits der Welt” ans Herz gelegt!

Ein durchweg starkes Album, welches die Hörerinnen und Hörer auf eine Reise zu sich selbst mitnimmt. Optisch überzeugt das neue Venus Luzifer Artwork auf dem Cover.

Jenseits der Welt erscheint beim Label Out Of Line Music ebenfalls als Deluxe-Box-Edition, welche neben dem Album einen gewebten Patch, Würfelbecher inklusive Würfeln, Bierdeckel und Flaschenöffner auch noch die exklusive Bonus CD Kein Land in Sicht enthält. Auf diesem befinden sich weitere sechs Tracks, darunter der Titelsong sowie vier Remixe, unter anderem auch vom Tour-Support Groovenom, und die Originalversion von Misanthropia.

Jenseits der Welt:

01. Jenseits der Welt
02. Ich und Du
03. Sonnentod
04. Horizont
05. Misanthropia feat. Andy Dörner
06. Chamäleon
07. Nein
08. Unsterblich
09. Monsterfreilaufgehege
10. Frieden
11. Panzerechse

Kein Land in Sicht:

01. Kein Land in Sicht
02. Nein – De Clercq Remix
03. Sonnentod – Groovenom Remix
04. Monsterfreilaufgehege – Johnny Deathshadow Remix
05. Ich und Du – Alienare Remix
06. Misanthropia – Original Version

Release: 7. Februar 2020
Genre: Dark Rock
Label: Out Of Line
Anspieltipp: Monsterfreilaufgehege, Misanthropia, Frieden, Horizont
Homepage: www.unzucht-music.com

Tourdaten:

20.03.2020 – [DE] Leipzig – Werk II
21.03.2020 – [DE] Köln – Club Volta
27.03.2020 – [DE] Bremen – Tower
28.03.2020 – [DE] Göttingen – Exil
03.04.2020 – [DE] Cham – L.A. Cham
04.04.2020 – [DE] München – Backstage
10.04.2020 – [CH] Zürich – X-TRA
11.04.2020 – [DE] Mannheim – MS Connexion Complex
17.04.2020 – [DE] Berlin – Nuke Club
18.04.2020 – [DE] Hamburg – Knust
24.04.2020 – [DE] Frankfurt/Main – Das BETT
25.04.2020 – [DE] Stuttgart – clubCANN
10.10.2020 – [DE] Bochum – Matrix
 
Text: Flo Lerch

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