Live Review: A Night In Hell / 11.03.2017 / Hamburg

Expect an Inferno, but be prepared to be Banished From Paradise after A Night In Hell when all is Gone!

Zum Auftakt der dreiteiligen A Night in Hell war das (passenderweise mit einem feurig rotem Anstrich versehene) Marx in der Markthalle Hamburg gut gefüllt, ließ den erschienenen Gästen jedoch noch genügend Freiraum zu den Songs der insgesamt 3 Bands dieses Abends ausgiebig zu tanzen und zu feiern. Sehr angenehm.

Durch den Opener Hell Boulevard wurde das auch gleich in die Tat umgesetzt, besitzt der Sound der Newcomer doch eine rockige Eingängigkeit, bei der eigentlich jeder Nacken zustimmend mitwippen muss. Selbst der Sänger Matteo war so in seinem Element, dass die zweite Strophe zum eher ruhigeren Song All I Lost nicht so wirklich über die Lippen kommen wollte, was aber in seiner herzlichen Art mit Hilfe von Gitarrist Von Marengo charmant überbrückt wurde – seit Lost Area einfach ein eingespieltes Team.
Sehr gut eingespielt hat sich auch Class Grenayde von Lord of the Lost, der Stammusiker Dee Dammers am Bass für diesen Abend vertrat. Ein anderer Musiker von Lord of the Lost war an diesen Abend leider nicht auf der Bühne zu sehen, wie schon beim letzten Auftritt der Newcomer in der Hansestadt. Es wäre eine weitere Gelegenheit gewesen Freak Parade live im Duett zu präsentieren, was Chris Harms und Matteo Fabbiani gemeinsam für das aktuelle Hell Boulevard Album Inferno eingesungen haben.

Nach dem letzten Song mit dem prophetenhaften Titel Hangover from Hell wurde der Staffelstab dann an Florian Grey auf eine ganz besondere Art und Weise übergeben: unter Begleitung von Von Marengo, dessen Dienste an der Gitarre beide Bands für sich nutzen, wurde mit dem HIM-Song Funeral of Hearts zusammen mit dem Publikum ein großer Tribut der wohl einflussreichsten Gothrockbands der vergangenen 25 Jahre gezollt. Ein schönes Gimmick.:) Auf YouTube gibt es dazu einen schönen Mitschnitt.

Und da Florian und Von Marengo gerade da waren, blieben sie auch, holten noch Julian List und Drummer Rage hinzu, der sich schon einmal warmtrommeln konnte für seinen sich später anschließenden Job beim Auftritt von Eyes Shut Tight. Aber bis dahin war ein noch ein gutes Stündchen, welches musikalisch von Florian Grey gefüllt wurde. Der Wahl-Hamburger wirkte vor heimischem Publikum entspannt und locker und lies sich selbst den Spaß auf seine Kosten nicht nehmen, zu verraten, dass das neue Album „bald irgendwann dieses Jahr, vielleicht auch nächstes Jahr, eventuell aber doch schon 2017 oder vielleicht dann später, aber auf jeden Fall“ kommen wird. Und es soll ja schließlich gut werden – wie Gone, aus dessen Pol reichlich geschöpft wurde. An den Reaktionen auf Songs wie Laudanum oder A Black Symphony konnte man erkennen, dass diese für die Fans eigentlich nicht oft genug live gespielt werden können. Aber natürlich wird das neue Album mit Spannung erwartet werden. 😉

Während Florian Greys Auftritt war die Stimmung gut, aber bei Eyes Shut Tight wurde sie noch besser. Ihren Heimvorteil wussten die 4 jungen Musiker perfekt umzusetzen und boten eine stimmige Zusammenstellung aus ihren 3 Studioalben und 2 veröffentlichten EPs. Und als Geschenk an ihre Fans hatte die Band etwas Besonderes vorbereitet: die Premiere des Songs Watch Me im Duett mit Isabel Soares, produziert von JP Genkel, der bereits beim Song The Death Of Art die Finger mit im Spiel hatte – der sich zu meiner persönlichen Freude ebenfalls live präsentiert wurde. Wo wir dann aber auch gleich beim Thema wären: Was läuft eigentlich in diesem Musikbuisness schief, dass eine Band, die ihr Handwerk beherrscht und zudem eine visuelle und stylistische Performance dahinlegt, die im Gesamtkonzept dort angelangt ist, wo eben auch die groß gebuchten Bands stehen, nicht auf den typischen und hochgelobten Szene-Festivals zu finden sind? Zumal sich die Hamburger von holpriger Technik so gar nicht beeindrucken lassen (im Gegenteil: mein Gehör empfand es als die beste akustische Ausnutzung der Gegebenheiten in diesem kleinen Konzertsaal der Markthalle Hamburg von allen 3 Bands) und ihre Songs einfach mit Leidenschaft auf die Bretter hauen – wo manch anderer großer Musiker schon einmal etwas zickig reagiert oder eine Show abbricht. Nein, Eyes Shut Tight haben durchgezogen und bewiesen, dass sie verdient den Headliner an dieser ersten Nacht in der Hölle gegeben haben.

 

Text: Ginger Chan
Photos: Lilli Hentsch (Somnium Lucis Photographie)

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