Live Review: Lord of the Lost / 18.11.2017 / Hamburg

Am 18.11.2017 wurde in der Markthalle Hamburg das eigentliche Eröffnungskonzert der 2. Akustik-Tour von Lord of the Lost abgehalten, in der sich die Band selbst coverte bzw. extra hierfür Songs entwickelte, die auf inzwischen zwei Alben – den Swan Songs I und II – verteilt sind.

Bereits am Vortag fand die etwas andere Generalprobe am gleichen Ort statt – vor Publikum. Denn da nach nicht einmal 5 Wochen nach Verkaufsstart der Termin am Samstag bereits ausverkauft war, wurde kurzerhand eine Zusatzshow organisiert. Somit sind also sprichwörtlich die Ersten die Letzten in der Tour-Reihe für die Hansestadt geworden, die das zusätzliche Konzert am Freitag erst aufgrund des Erwerbs im Vorverkauf ermöglichten. Also hat so eine Kartenvorbestellung gleich mal im doppelten Sinne Sinn gemacht. Denn viele der Besucher vom Samstag verlegten ihre Besucher-Premiere auch einfach einen Tag nach vorn und wussten folglich, was sie von den nächsten über 3,5 Stunden erwarten konnten: ein kleines bisschen Gänsehaut. 🙂

Aber genug der Vorreden. Beginnen wir also mit der Vorband OH FYO.

Gastgeber Chris Harms kündigte sie als eine dieser Bands an, die Lord of the Lost selber gern hören und dies schon immer das Auswahlkriterium für ihre Support-Bands ist und nicht wer am meisten zahlt. Gute Entscheidung.

Und OH FYO wussten sich stilistisch sehr gut zu präsentieren als bei Lights Are Out tatsächlich die meisten Lichter der Markthalle erloschen und Flix Highfield und Marius Evan, die sich Gesang- und Gitarren-Parts teilten, somit den Song ins rechte Licht rückten. Rechtzeitig zum Tourbeginn wurde noch ein Akustik-Album für den exklusiven Verkauf am Merchstand fertig, durch die man zum Beispiel die Stücke Love and War und New Born mit nach Hause nehmen konnte, was nicht nur aufgrund der Lyrics und des Arrangements dieser Titels empfehlenswert ist, sondern für alle der 7 Lieder der Setlist gilt. Das Album Bravery ist bereits vorab im Handel erschienen.

Mit ihrer Debütsingle Walls of Utopia übergaben sie nach einer guten halben Stunde an den Headliner.

Als Schlag 20:45 Uhr dann die Beleuchtung der mit 600 bequemen Stühlen versehenen Markthalle erlosch, wirkten die zierlichen Leselampen der Notenständer des 13-köpfige Ensembles beinahe wie Glühwürmchen, die über dem fantasiereichen Bühnenaufbau schwebten. 1x Orgel (Corvin Bahn), 2x Schlagzeug (Daniel Möhrke & Paul Keller), 1x Piano (Gared Dirge), 1x Posaune (Alexander Kockel), 2x Geige (Maline Zickow & Felicitas Fischbein), 1x Bratsche (Ida Luzie Philipp), 1x Violonchello (Miriam Göbel), 1x Kontrabass (Julia C. Pfänder), 1x Akustik-Gitarre (Pi Stoffers) 1x Akustik-Bassgitarre (Class Grenayde) und 1x Mikrofonständer (Chris Harms) muss man auch erst mal unterbringen.

Rasch lösten sich diese „Glühwürmchen“ dann auf und gingen in die Lichtershow von Raining Stars über, bei der helle Strahlen über den stillen Zuschauerraum schwebten. Eine Stille, die man so von den regulären Shows der Hanseaten nicht gewöhnt ist. Für die Musiker selbst auch ein ungewöhnliches Gefühl, wie Mastermind Chris Harms stellvertretend für seine Bandkollegen gestand.

Ein Song, der seit 2009 so gut wie nie auf der Setlist eines Lord of the Lost-Konzerts fehlt, war hier natürlich auch vertreten: Dry the Rain – überraschend früh an diesem Abend. Wohl deshalb, damit die Anwesenden sich anschließend auf den ersten Song aus dem am 6. Oktober erschienenen Album Swan Songs II konzentrieren konnten. Und korrektes rhythmisches Finger schnipsen zu The Devil You Know erfordert nun einmal Konzentration – soweit es zumindest mich angeht. 🙂

Die Besucher des M’era Luna 2016 unter uns Lesern werden sich sicher noch an diese krächzende, quietschende, surrende Melodie aus dem unüberhörbaren Veranstaltungstrailer auf dem Gelände erinnern, wenn gleich sie dieses vielleicht nicht sofort Lord of the Lost zugeordnet hätten. Nur wie setzt man so eine krächzende, quietschende, surrende Melodie in einem Akustik-Konzept um? Die Lösung dessen sorgte für wahre und verdiente Begeisterung bei The Love of God. Ja, so ein Streichinstrument kann auch schön krächzen und quietschen – im positiven Sinne.

Später folgte mit Ripcages ein Song, der sich so langsam zu einem heimlichen Favoriten auf Swan Songs II mausert. Wenige Stunden zuvor noch im Saturn nur mit Klavierbegleitung präsentiert, wirkte er im Konzertsaal einfach größer und kräftiger. Als ob er da hingehörte, wie alle Komponenten der Setlist. Selbst so ein variiertes Stück wie Full Metal Ball, was sich aufgrund der Original-Komposition kaum 1 : 1 umwandeln lässt. Also versucht man es gar nicht erst, sondern geht ganz offensiv mit einem Augenzwinkern damit um – in der Live-Version noch einen Zacken schärfer. 😉
Auch Fist up in the Air hat bei der akustischen Umsetzung nichts von seinem Drive verloren. Für einige war es nach den gut einstündigen Stillsitzen ein echtes Ventil und für andere ein echter Tränchen-Trockner nach See you soon.

Für den humoristischen Teil des Abends sorgte eine ungeplante Karaokeeinlage von Lady Gaga’s Paparazzi. Obwohl auch im Rahmen der Akustik-Autogrammsession wenige Stunden vorher im Gebäude nebenan souverän präsentiert, stolperte Chris Harms über seine eigenen Worte, brachte das Ding aber hervorragend mit Unterstützung der nun zur Big-Band mutierten Musiker hinter ihm zu Ende. Die erste Geige dabei spielte im wahrsten Sinne des Wortes Maline Zickow, ohne deren gerissene Saite an ihrem Instrument es wohl nie zu dieser spontanen Überbrückung für die Reparatur gekommen wäre. 600 Menschen sagen “Danke” dafür!

Und ein großes “Danke” bekamen auch Lord of the Lost, als die Fans nach über einem Jahr endlich wieder “ihren” Song performen durften. Bei Credo schien das Innere der Markthalle, welche durch den Aufbau von wirklich jedem Sitzplatz einen guten Blick auf die Bühne ermöglichte, noch ein wenig mehr mit den Ensemble zusammenzurücken. Aus diesem Grund ist sowohl ein Besuch eines Akustik-Konzerts in dieser Location, wie auch ein Besuch eines Akustik-Konzerts dieser Band empfehlenswert. Davon gibt es insgesamt noch 5 Stück im November. Und zwar am 21. in Dresden, am 23. in Berlin, am 24. in Bochum, am 25. in München und am 26. in Frankfurt/Main, zu dem ein liebevoll gestaltetes Programmheft durch den Abend führen wird. Ein schönes Gimmick. 🙂

Setlist OH FYO: These Days / Lights Are Out / The Echo / Late At Night / Love And War / New Born / Walls Of Utopia

Setlist Lord of the Lost: [Intro] / Raining Stars / Wander In Sable / Dry The Rain / The Devil You Know / The Love Of God / Ripcages / The Sand Of Time / Six Feet Underground / Beyond Beautiful / Waining For You To Die / [Break] / Fall Asleep / Drag Me To Hell / Prison / See You Soon / Full Metal Ball / Fist Up In The Air / My Better Me / Annabel Lee / The Broken Ones / Credo / [Encore] / Frozen (Madonna Cover) / Lost In A Hearbeat / Lighthouse

Text: Ginger Chan
Photos: Mandy Privenau
Artwork Background: Franz Schepers
Music Video OH FYO: Jan-Ole Waschkau
Music Video Lord of the Lost: Linus Specht

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