55 Jahren nach seinem Tod ist eine Generation nachgewachsen, die mit Elvis Presley wohl eher kitschige Souveniers aus Las Vegas verbinden und den Titel „King of Rock ’n Roll“ als reine Marketingstrategie versteht. Und so ganz falsch liegt die Generation Z damit nicht, denn es war sein Manager „Colonel“ Tom Parker, der die leuchtende erst in eine glitzern-überstrahlende-schillernde Persönlichkeit verwandelte; der erkannte, dass man nur den Namen eines Künstlers auf ein Produkt draufpinseln muss, um es zu verkaufen – und sei es noch so absurd. Na, kommt euch das bekannt vor? 😉
Genau deshalb ist ELVIS auch für Nicht-Fans interessant, erlebt man hier doch die Grundlagen des modernen Musikbusiness in seinem tragisch-genialen Verlauf zusätzlich aus der Sicht des Managers Tom Parker, welcher selbst eine höchst mysteriöse Figur war, deren Motivation für seinen Schützling Elvis Aaron Presley oft im Unklaren lag. Der Film versucht eine Antwort darauf zu geben, lässt dabei die Entwicklung des Künstlers selbst aber nicht zu kurz kommen, wobei bei einer Spiellänge von knapp 2,5 h selbsterklärend nicht alle Lebensbereiche – wie die Beziehung mit Priscilla Beaulieu (später Presley) oder den Abstrecher als Hollywood-Schauspieler – vertiefend bearbeitet werden kann. Dadurch wirkt der Film aber auch nicht überladen und nicht langatmig, Regiesseur Baz Luhrmann versteht es großartig durch schnelle Schnitte, imposante Bilder und passende Kapitelwechsel den Zuschauer bis zum Abspann bei der Stange zu halten. Obwohl man ja weiß, wie die Geschichte ausgeht, will man wissen wie.
Nicht nur schnitt-technisch ist die Filmbiografie sehenswert, auch hat das Castingteam sich richtig ins Zeug gelegt, um die ideale Besetzung zu finden. So prangt auf dem Filmplakat mit Tom Hanks nicht nur ein schwergewichtiger (Achtung: Wortspiel!) Name. Auch muss sich die bisher wenig im Filmgeschäft in Erscheinung getretene Olivia DeJonge nicht vor dem Vergleich mit Originalfotos des Ehepaares Presley scheuen, welche als schönes Gimmick im Film auftauchen, da die Maske hier volle Arbeit geleistet haben. Es geht sogar so weit, dass man im Darsteller des jungen Elvis (gespielt von Chaydon Jay) einen genetischen Verwandten des Hauptdarstellers Austin Butler vermutet. Vielleicht bringt dieser nicht ganz die Konturen des „King“ mit, aber nach zwei Jahren hartem Training hat der 30-Jährige sich sowohl die Moves, als auch die typische Gesangsstimme und den texanischen Dialekt perfekt angeeignet. Das fällt in der deutschen Synchronisation von Patrick Roche leider völlig weg. Daher sei hier explizit die Originalversion mit deutschen Untertiteln empfohlen, die in vielen Programmkinos angeboten wird. Die Untertitel sind gut zu lesen, können aber vereinzelt von den schillernden bunten Bildern ablenken. Aber das Problem lässt sich ja durch einen erneuten Genuss des Filmes ganz einfach lösen. 😉
ELVIS ist ein Film, der sowohl beste Unterhaltung als auch faszinierende Einblicke in das Amerika der 60er Jahre und die Anfänge des modernen Musikbusiness gibt. Und damit wir in der unglücklichen Tradition der vielen Ankündigungen auf dieser Seite bleiben: ja, auch die Premiere dieses Filmes wurde pandemiebedingt verschoben und hatte somit bis zum Filmfestival in Cannes in diesem Jahr warten müssen.
Text: Ginger
Graphic: Concept Arts