Wow… bei einer Ankündigung eines solchen Jubiläumsevents hat man noch keine genauen Vorstellungen, wie der Abend laufen wird, bis es dann eben heißt: „Heute Abend ist es soweit!“. Klar kennt man die Band, man weiß ungefähr was einem erwartet wird, und womit man rechnen darf. Aber erst im Moment des Erlebens selbst weiß man wirklich, wie heftig und phänomenal das Konzert auf einem wirkt. Und so erging es wahrscheinlich nicht nur mir, sondern auch den Tausend anderen, die sich letzten Freitag in Köln einfanden.
Die Anfahrt zur Lanxess Arena war, wie gewohnt für einen Freitag Nachmittag in bzw nach Köln, sehr mühsam auf den Autobahnen. Nichtsdestotrotz, man kam ja irgendwann an und begab sich zu den Eingängen. Dabei nahmen die Sicherheitskräfte vor Ort die Beschreibung der Eingänge ein wenig zu Ernst. Man stelle sich vor: Links ein Eingang über dem stand „Club Eingang West“ und 20 Meter weiter rechts „Eingang Südwest“. Wo geht man also hin, wenn auf der Karte steht „Eingang West“? Man geht logischerweise zum „Club Eingang West“. Weil einen Eingang, bei dem das Gleiche steht wie auf der Karte, gab es ja nicht. Jedenfalls wurde man dann von der Security vor Ort zum „richtigen“ Eingang geschickt, der also 20 Meter weiter war. Und wer schon einmal in der Lanxess Arena war, weiß, dass diese stringente Einteilung nicht wirklich Sinn macht, da man sich in dem Bereich befand, der auch über den anderen Eingang zu erreichen war. 😀
Aber die Startschwierigkeiten waren natürlich nichts, was einen guten Abend mit toller Musik hätte verhindern können. Kaum war man drin und begab sich zu seinem Platz, steigerte sich die Vorfreude auf den nun anstehenden Abend. Mit einer Stunde Vorlauf zu Fiddler’s Green, die bei der 5. Geburtstagssause von Schandmaul Vorband waren, konnte man sich noch in aller Ruhe mit Snacks und Getränken eindecken, bis es dann soweit war:
Ein phänomenaler Auftakt mit epischem Intro. Die Folk-Rocker haben für ein passendes WarmUp durch das Anköcheln des Publikums gesorgt. Es kam einem so vor, dass die Arena mit ihrer Akustik der Band den Raum und Platz gab, der ihnen gebührte was schon ein Fingerzeig auf das war, was einen nach diesem rundum gelungenen Musikset erwarten konnte.
Nach einer kurzen Pause zum Vorräte auffüllen an Snacks und Getränke dauerte es nicht dann nicht all zu lang bis die Lichter sich wieder dämmten und man wusste: Jetzt geht weiter und es durfte weiter gefeiert werden! Und nicht nur das Bandjubiläum gab einen Anlass zum feiern, sondern auch der Geburtstag des Frontmannes vom Schandmaul selbst. Thomas Lindner feierte Wiegenfest und daran dachten die Fans natürlich auch mit einem kräftigen Happy Birthday!
Begonnen wurde mit einem passenden Song, der die Anreise im übertragenden Sinne recht gut beschrieb. 😉 Es war: Kein Weg Zu Weit! Im Anschluss folgte das, was in vielen Augen bereits zu erahnen war. Ein loderndes Leuchtfeuer. Danach richtete das Gründungsmitglied Thomas ein paar Worten ans Publikum und hieß selbiges damit auch Willkommen. Im Anschluss folgte jener Song, der von Leuchtfeuer im Sinn nicht so weit entfernt liegt, denn es war Lichtblick.
Die Setlist war voller alten und etwas jüngeren Liedern. Also ein gutes Sammelsurium von 20 Jahren Bandgeschichte. Somit waren auch Leb und Traumtänzer mit im Repertoire. Einige hinterfragen zwischendrin leise, warum solche Songs für den Abend ausgewählt wurden. Ganz einfach. Weil sich dies die Fans wünschten. 🙂 Schandmaul hatte die Setlisten zur Geburtstagsshow sozusagen in deren Hände gelegt.
Track Nummer fünf war ein altbekanntes von dem Album Traumtänzer – nämlich das Hexeneinmaleins. Jener Song, der stets für gute Laune sorgt. Und diese gute Laune wurde noch von einem Gastauftritt untermalt. Zweitstimme bei diesem Song war Alea der Bescheidene von Saltatio Mortis. Das Genre des Songs wandte sich von Folk-Rock immer mehr Richtung Mittelalter zu, was absolut gut klang!
Darauf folgte ein Stück, was man gerade heutzutage nicht oft genug anhören kann. Die, die Schandmaul näher kennen, ahnen wahrscheinlich schon wovon ich rede. Es geht um Bunt Und Nicht Braun. Was die Message angeht, brauche ich nicht viel drüber zu schreiben. Er soll lediglich gehört und – vor allem – gelebt werden!
Und es folgte ein weiterer Gastauftritt. Diesmal mit der Band Russkaja zum Track Assassine. Nach einer eher nachdenklichen Nummer ein tolles Stück, um wieder frische Gedanken zu erhalten. Aber bei nur einem Mal Russkaja sollte es nicht bleiben. Gegorgji Alexandrowitsch Makazaria blieb noch für Henker auf der Bühne. Eine Erscheinung eines Mannes mit passender Stimme – bärenstark!
Ohne viel Dazwischengequatsche folgte schon der nächste Hit des Abends. Mit Goldene Kette sorgten Thomas Lindner, Birgit Muggenthaler-Schmack, Martin Duckstein, Stefan Brunner, Matthias Richter und Saskia Forkert für einen weiteren zauberhaften Musikmoment, welcher gleichzeitig mein persönlicher Favorit des des Abends war: Euch zum Geleit. Jeder, der wen schmerzlich vermisst, weil er nicht mehr unter uns weilt, weiß was das für ein Gefühl ist. Es tut unsagbar weh jemanden nicht mehr fühlen, riechen, anfassen oder sehen zu können. Um ein wenig zu helfen schrieben Schandmaul 2014 diese Ballade. Als sich Sänger Thomas selbst am Piano begleitet, vernahm man im Publikum das eine oder andere Schluchzen.
Bei Tjark Evers bedurfte es an einer Stimme, die des nordischen Akzentes mächtig ist. So sah der Gastgeber das auch und holte sich Unterstützung von Versengold-Sänger. Malte Hoyer erklärte kurz die Geschichte des Protagonisten, bevor er die Besucher mit seiner Stimme in den tiefen Norden entführte.
Zu Anderswelt war die 6-Kombo dann wieder ‚allein‘ auf der Bühne. Wenn man bis dahin ein Zwischenbilanz ziehen müsste, dann würde ich mich ganz ehrlich fragen: „Wie soll das noch zu toppen sein?“. Dann lest mal weiter. 😉
Echter wahrer Held bekam eine besondere Unterstützung. Nämlich von jemanden, der nicht nur mit einem Gesangstalent gesegnet worden ist, sondern auch im Schreiben von Geschichten „Ein Echter Wahrer Held“ ist.
Des Frontmanns Namensvetter, Thomas „Tommy“ Krappweis (u.a. bekannt von Mara und der Feuerbringer), gab bei seinem Auftritt vor ausverkaufter Halle alles. Ein gelungener Gastbeitrag!
Direkt im Anschluss folgten vier weitere Gassenhauer von Schandmaul. Die da waren Vogelfrei, Kaspar, Drachentöter“ (zu Schade, dass da Tommy Krappweis schon die Bühne verlassen hatte, es hätte so gut gepasst ^_^) und Krieger.
Und als es dann hieß Geisterschiff solle gespielt werden, kehrte ein altbekanntes Gesicht vom Beginn des Abends wieder mit auf die Bühne. Der liebe Alea von Saltatio Mortis. 🙂 Es wurde dementsprechend wieder ein Hauch mittelalterlastiger, was allen wohl sehr gut gefiel, wie der Applaus am Anschluss bestätigte.
Zu Saltatio Mortis gehört ja nicht nur Alea der Bescheidene, sondern auch noch aus Falk Irmenfried von Hasen-Mümmelstein, Lasterbalk der Lästerliche, El Silbador, Bruder Frank, Jan S. Mischon (genannt „Der Tambour“), Luzi das L und Till Promill. Und alle dies begleiteten die Stücke Letzter Tanz und Herren der Winde. Und wenn die Dudelsäcke der Mittelalterband zu ihrem Einsatz kommen, dann lasst euch gesagt sein: es ist ein musikalischer Ohrenschmaus! Starker Auftritt!
Willst du war das Stück für Holly Loose, Frontmann von der Letzte Instanz. Kurze Anmerkung am Rande: auch die Letzte Instanz feierte 2018 ihr 20-jähriges Bandbestehen. Hier eine kleine Übersicht wer noch so.
Durch die tiefe Stimme des Berliners kehrte eine etwas nachdenklichere Stimmung ein. Man war von Sekunde eins an gefesselt und lauschte den Worten. Gänsehaut pur! Wer mehr von dieser Stimme hören mag, den verweisen wir auf gestern erschienene Soloalbum Melancholia.
Erneutes Fazit bis hierher: 22 Songs… wow. 22x mal Erpelpelle und eine Hoch- und Tiefgang der Gefühle…
Aber ist hier „schon“ Schluss? Nein!
Die Schandmäuler gingen für einen kurzen Moment von der Bühne ab, aber so schnell wie sie abgingen kamen sie auch wieder zurück. Denn die Zugabenrufe waren unüberhörbar! Letzten Endes wurden es zwei ganze Zugabenrunden – Runde Eins mit Wandersmann, Der Teufel.., Teufelsweib und Walpurgisnacht . Das ist doch thematisch schon mal gut sortiert. 🙂
Feuertanz leutete die letzte Zugabenrunde ein und es wurde im wahrsten Sinne des Wortes nochmal so richtig ‚heiß‘. Aber auch diese Flamme erlosch und das vorletzte Stück des Abends wurde angekündigt. Dein Anblick sorgte nochmals für Gänsehaut bei Band & Publikum. Trotz erloschenem Licht wurde die Lanxess Arena in einem warmen LED- und Feuermeer getaucht, denn Schandmaul bat das Publikum Lichter jeglicher Art zu zücken und ein Lichter-/Sternenmeer zu eröffnen. Dieses Meer hielt den ganz Song lang. So ein schöner Anblick! Ganz zu Schweigen von der Atmosphäre, die einem überwältigte dabei.
Leider Gottes war nun das Stündlein zum letzten Track des Abends geschlagen. Dazu kamen nochmal alle musikalischen Gäste auf die gigantische Bühne. Was nun für eine geballte Stimmenpower der Menge entgegen schwallte! Danke Schandmaul, dass wir alle mit euch feiern durften.
Text: Angy Bark
Photos: Holger Bär (Alldark-Foto)
→ 16.11.2018 Schandmaul @ Köln
→ 16.11.2018 Fidder’s Green @ Köln