„Amphi Festival 2017 – 12.500 Fans feiern im Kölner Tanzbrunnen“ – mit dieser Überschrift bedankten sich die Veranstalter des diesjährigen Amphi Festivals noch in der Nacht zu Montag bei allen Beteiligten. Denn auch die 13. Auflage des seit 2005 – ursprünglich im Amphitheater Gelsenkirchen und seit 2006 im Tanzbrunnen Köln (mit einer Ausnahme 2015 im Kölner Eventpark) – stattfindenden Festivals war wieder ein voller Erfolg. Zu insgesamt 42 Bands auf 3 Bühnen, sowie ausreichend Rahmenprogramm konnte an diesem letzten Juli Wochenende ausgelassen gefeiert werden.
Uns ist bewusst, dass in den Tagen und Wochen nach einem Festival immer sehr viel darüber berichtet wird und darum wollen wir hier gar nicht so viel über die Auftritte der einzelnen Bands sagen – wer nicht da war, um sie zu sehen, hat eben einfach etwas verpasst 😛 – sondern uns eher auf die Atmosphäre des Festivals insgesamt fokussieren.
Wer, wie die Meisten von weiter weg, schon am Freitag anreiste, konnte sich zwischen drei Events entscheiden, auf denen er sich in Festival Stimmung bringen lassen konnte:
Auf der mittlerweile 6. Ausgabe des Jardin De Belle Epoque – einer zwar inoffiziellen aber nicht weniger schönen Pre-Amphi Veranstaltung – konnten Fans von historischen, dunkelromantischen, viktorianischen und barocken Kleidern, sowie Steampunk Ladies und Gentlemen im Kölner Friedenspark ein gemütliches Beisammensein zelebrieren. Was dieses Picknick so speziell und einzigartig macht, hat uns Fotografin Kira Hagen verraten, deren Foto wir an dieser Stelle nutzen dürfen (herzlichen Dank!): „I specialize in costumed portraits and events, „the beautiful side of the weird“ if you will. I love this picnic – it’s the second year I’ve gone – because it’s both exquisite and informal, in a public park but surprisingly private. It’s great for meeting new models and designers, and with people coming from all over Europe very nicely international.“
Auf der MS RheinEnergie wurde bei der Call the Ship to Port Pre-Party gemeinsam mit Scheuber, Neuroticfish und FRONT 242 gefeiert. Gast Dominique Schluep hat uns seinen Eindruck geschildert – auch hier herzlichen Dank: „Nach dem Anstehen in der etwas längeren Schlange (wodurch es zu Bierknappheit gekommen ist) mit vielen anderen schwarzen Seelen und dem Überstehen der leichten Steigung nach der Sicherheitskontrolle, wurden die Treppen in Angriff genommen. Ganz oben angekommen wurde man mit einem schönen Ausblick auf das kühle Nass des Rheins belohnt und ich brauchte zuerst Mal etwas Futter zwischen die Kiemen und einen frischen Weizensmoothie. Die Sitzplätze waren vor den Konzerten ziemlich rar, aber auch im Stehen war die Stimmung auf allen Decks super. Zwischen den schönen Konzerten hatte man immer wieder Zeit, um oben an der frischen Luft den Fahrtwind zu genießen und ein paar Rauchzeichen in die Nacht zu senden. Mein Highlight war Neuroticfish, aber ich bin da auch ein wenig voreingenommen, da ich (musikalisch gesehen) wegen dieser Band dort war. Es war auf jeden Fall eine tolle Erfahrung und während der Konzerte vergisst man, dass man sich auf einem Schiff befindet.“
Und während in Park ein gesittetes Picknick stattfand und man auf dem Schiff entspannt und mit musikalischer Begleitung in den Sonnenuntergang vor Kölns Panorama schipperte, wurde auf der offiziellen Pre-Party im Theater auf dem Festivalgelände zu DJ Sets von Ronan Harris (VNV Nation), Chris Harms (Lord of the Lost), Chris L. (Agonoize, The Sexorcist) und Msth mit einem Mix aus EBM, Industrial, Synthpop, 80er, Gothic und Rock ausgelassen gefeiert.
Der Samstag begann, anders als vom Wetterfrosch vorhergesagt, mit strahlendem Sonnenschein. Die Besucher waren bei den warmen Temperaturen und der Aussicht auf ein bisschen Sommer offensichtlich gut drauf und so bahnten sich die schwarzen Ströme aus allen Richtungen Kölns kommend ihre Wege in Richtung Tanzbrunnen. Die Meisten hatten ihre Festival-Bändchen schon am Vortag organisiert, so ging der Einlass trotz angekündigter verschärfter Taschen- und Körperkontrollen (Safety First 😉 ) recht zügig. Während auf der Mainstage die letzten Vorbereitungen für den ersten Act des Tages – Empathy Test – stattfanden und sich die Ersten ihre Plätze direkt vor der Bühne sicherten, wurde das Festivalgelände von den anderen Besuchern gründlich inspiziert: wo bekommt man was zu Essen, wo welche Getränkespezialitäten, wo ist welcher Shop, bei dem man später noch ausgiebig shoppen möchte. Auch der Beach-Club und die Grünflächen auf dem Gelände wurden bei dem herrlichen Wetter großzügig genutzt – leider war der Weg in den angrenzenden Rheinpark nicht frei und so musste man anderweitig flanieren gehen.
Nachdem das Moderatoren-Team bestehend aus Oliver Klein und Dr. Mark Benecke auch den folgenden Act mit Witz und Charme ansagte, wurde es mit Eisfabrik auf der Mainstage zwar optisch, aber nicht spürbar kälter. Die ersten Besucher machten sich zudem auf ins Theater, um gleich mit Holygram zu feiern, die kurzfristig für The Creepshow einsprangen und das Festival-Line Up wieder komplettierten. Gut für alle, die rein gegangen sind, denn draußen zog es sich blitzschnell zu und ein Sommerregen prasselte ohne großartige Vorwarnung auf das Festivalgelände nieder. Aber auch dieser kurze Schauer gegen Mittag, nach dem es sich dann so richtig anfühlte wie in einer Sauna, konnte der Stimmung keinen Abbruch tun. Draußen wurde zum Industrial Sound von Chrom getanzt, zum Dudelsackklang von Tanzwut gefeiert und zum Dark-Rock-Metal-Mix von Lord Of The Lost, die mit auffälligem Make Up und Regenbogen-Anzug von Gared Dirge mal wieder ein echter Hingucker waren, abgerockt, während im Theater mit FabrikC, Torul und Frozen Plasma die Post abging.
Der Weg ins Theater wurde bei den folgenden Bands Kite, Nachtmahr, die ihr 10 jähriges Bandjubiläum mit den Amphi-Besuchern und einem bombastischen Auftritt feierten, und dem Schluss-Act Die Krupps immer beschwerlicher und so dauerte es leider auch recht lang, bis man endlich drinnen war. Hatte man es aber erst einmal geschafft, so stand einem ausgelassenen Feiern zu EMB und Industrial Sounds nichts mehr im Weg. Wer doch lieber die Sonne genießen und Frischluft atmen wollte beim Feiern, der blieb vor der Mainstage, wo Diary Of Dreams und Fields Of The Nephilim weiter einheizten, bevor der Band-Part von VNV Nation, begleitet von einem herrlichen Sonnenuntergang über dem Rhein, beendet wurde.
Wer zwischen 14 und 21 Uhr weniger Lust hatte sich vor einer der Bühnen oder anderswo auf dem Gelände zu tummeln, der stellte sich bei den Autogrammstunden von Empathy Test, Eisfabrik, Die Krupps, VNV Nation, Lord Of The Lost und Diary Of Dreams an, um schnell noch ein ganz persönliches Erinnerungsstück und Foto mit seinen Lieblingen mit nach Hause nehmen zu können.
Ihr wundert euch jetzt, wieso ihr nichts von der Orbit Stage lest? Nun, leider wurde diese, die sich ja auf der MS RheinEnergie befindet, welche auch am Freitag Abend die Call the Ship to Port Runde drehte, aufgrund von Niedrigwasser des Rheins vom Kennedyufer an die Anlegestelle Landungsbrücke 1 verlegt. Somit war der Weg vom Tanzbrunnen dahin recht weit (zu Fuß 25 Minuten) und viele nahmen ihn trotz eingerichtetem Shuttle-Service (ca. 15 Minuten Fahrt inkl. Ein- und Aussteigen) gar nicht erst auf sich, um die Bands im Theater und auf der Mainstage nicht zu verpassen. Schade eigentlich, soll die Stimmung auf dem Schiff zu den Acts Box & The Twins, Aeon Sable, Henric De La Cour, Esben And The Witch, Diorama und Clan Of Xymox doch ebenfalls grandios gewesen sein.
Wer nach diesem hammermäßigen 1. Festivaltag noch nicht kaputt war, der konnte auf einer der beiden Aftershow Parties noch einmal die Sau raus lassen. Jene Party auf dem Schiff wurde von Dr. Mark Benecke, seinem Chaos Team (an diesem Abend bestehend aus Der Schwarzen Witwe und DJ AndTraX – siehe Foto, danke Mark!) und Oliver Klein geschmissen. Wie das so war, hat uns Dr. Made selbst erzählt: „Ich war mega geflashed, dass trotz 25minütigem Fußweg zum Schiff die Bude voll war und es sogar zwischendurch DJ-Applaus gab. So eine korrekte, liebevolle, tanzbereite und coole Crowd wünsche ich mir jetzt immer auf dem Tanzflur! Von Herzen danke, liebe Amphi-Teilnehmer*innen!“
Aber auch die Aftershow Party im Theater mit den DJs MD75, Gillian, George P. & Malice F., Emmanuel Pursuit, DonLevi und Sven Friedrich (Dreadful Shadows, Zeraphine, Solar Fake) konnte sich sehen und hören lassen. Einen Einblick gibt es von unserer Redakteurin Ginger:
„Die Aftershow Party begann musikalisch so, wie es die Pre-Party am Vortag vorgegeben hatte – mit dem Unterschied, dass durch das DJ Team tatsächlich kein Stillstand auf der Tanzfläche entstand. Übergänge wurden brillant aufeinander abgestimmt und fließend in den aktuell laufenden Song eingebaut. Verlies sich der Veranstalter am Vortag noch darauf, dass die Optik der Musiker, die als DJs für die in der Zwischenzeit zur Tradition gewordenen offiziellen Pre-Party verpflichtet wurden, als Eye-Catcher ausreicht, engagierte man für diesen Abend ein Team aus talentierten und schön anzusehenden GoGos. Diese Kombination aus visueller und akustischer Darbietung war dann wohl auch das Geheimnis, dass dieser Abend eine Spur unterhaltsamer wurde gegenüber der Pre-Party, für deren Zugang man zudem ein separates Ticket im Vorfeld erwerben musste (sie war komplett ausverkauft). Die Gäste feierten geradezu die jungen Herren hinter dem DJ-Pult, wie Stunden zuvor die Bands auf der Bühne des Theaters.“
Am Sonntag war das Wetter schon etwas gnädiger: nicht mehr ganz so heiß wie am Vortag, aber dennoch sonnig starteten die Festival-Besucher in den zweiten Tag voll guter Musik, netter Leute und toller Stimmung.
Nach dem ersten Gang zum Kaffeeverkaufstand wurde im Beach Club noch etwas abgespannt, bevor es in den zweiten Festivaltag gehen konnte. Auf der Mainstage starteten Massive Ego, die die müden Festivalbesucher mit Darkwave und NewRomantic Klängen weckten. Spätestens beim nächsten Act war dann auch der letzte verschlafene Feierwütige wach und tanzte zum Synthie-Pop von M.I.N.E.. Während die Türen zur Theater Stage gegen Mittag auch wieder geöffnet wurden und Lucifer’s Aid, Near Earth Orbit, The Other und Merciful Nuns sich auf ihre gleich folgenden Auftritte vorbereiteten, wurde es auf der Mainstage Stahlhart.
Die Göttinger Jungs von Stahlmann schmetterten den Fans vor der Bühne ihren NHD Sound um die Ohren, der trotz kleiner technischer Probleme nur zu gern angenommen und mit voller Inbrunst zurück gebrüllt wurde. Skurril wurde es dann mit Das Ich – das imposante und bewegliche Gebilde, auf dem sich die Instrumente befanden, der Satan am Mikro und die zu Hits wie Destillat tanzende Menge – alles was einen Das Ich Auftritt ausmacht, fand man auch an diesem Sonntag auf dem Tanzbrunnen wieder. Zu dem Harsh-Dark Electro und Neuropunk Mix von Hocico gab es dann kein Halten mehr. Während die Mexikaner on Stage alles gaben und Erk Aicrag sich wieder völlig verausgabte, schaffte es im Publikum niemand mehr still zu stehen. Die perfekte Vorbereitung auf den heimlichen Headliner des Festivals: Combichrist. Wie gewohnt lieferten die Rhythm ’n‘ Noise Ikonen um Frontsau Andy LaPlegua eine bombastische Show ab und rissen das Gelände förmlich nieder. Einen kleinen aber feinen Video-Einblick hat uns Dr. Mark Benecke mitgebracht, der im Allgemeinen an diesem Wochenende als rasender Backstage-Reporter unterwegs war (schaut gern auf seine Facebook-Seite für mehr lustige Videos vom Amphi Festival).
Wem der Abriss von und mit Combichrist auf der Mainstage zu hart war, konnte es vor der Mainstage mit den nachfolgenden Norwegern von Apoptygma Berzerk, die leider zwar komplett im Nebel versanken aber trotzdem eine tolle Show ablieferten, oder vor der Theater Stage mit Apocalyptic Pop von Ordo Posarius Equilibrio, Alternative und Gothic Rock von der Letzten Instanz und elektronischen Klängen des The Daniel Myer Projects etwas ruhiger aber nicht weniger spaßig angehen lassen. Die Stimmung war ausgelassen und die Meute feier- und tanzbereit.
Während auf der Mainstage die letzten Vorbereitungen für den Headliner des zweiten Tages getroffen wurden, konnte auf der Orbit Stage an diesem zweiten Amphi-Tag zum Dream Pop von We Are Temporary, zu derber Seemanns und Strommusik von Rummelsnuff, Elektrosounds von Orange Sector, Winterkälte, dem Metal-Industrial Mix von Legend, sowie Darkwave und Elektro Pop von Kirlian Camera gefeiert und getanzt werden. Und dann war es soweit: pünktlich um 20.40 Uhr betraten unter tosendem Applaus die sympathischen NDH Rocker von Eisbrecher die Bühne. Was mit Stahlmann an diesem Tag begann und sich über Hocico und Combichrist steigerte, fand nun seinen Höhepunkt in dem Auftritt der Münchener: Musik voll auf die Fresse, mitgröhlendes und tanzendes Publikum und ein Alexx Wesselsky mit einer Präsens, die man noch weit über die Stadtgrenzen Kölns hinaus hätte sehen können.
Autogramme gab es am Sonntag zwischen 14 und 20 Uhr von Hocico, Combichrist, Apoptygma Berzerk, Legend, Eisbrecher und Das Ich. Wer aber auch einmal aufmerksam durch die Reihen des Publikums blickte, der konnte auch Musiker der einen oder anderen Band des gesamten Festivals erspähen und bei einem kühlen Bier ein kurzes Pläuschen halten. Und auch am zweiten und damit letzten Tag des Amphi Festivals konnten jene, die noch nicht völlig kaputt in ihre Betten fielen noch fleißig auf der Aftershow-Party im Theater zu DJ Sets von Mike Tzulan, Alexx Botox, Thomas Rainer (Nachtmahr) & Steve Weeks, sowie DJ Dalecooper bis in die Morgenstunden feiern.
Alles in Allem war dieses 13. Amphi Festival eine würdige und durch und durch gelungene Fortsetzung des so erfolgreichen jährlichen Szene-Zusammenkommens. Nicht ohne Grund gehört es neben dem noch in diesem August stattfindenden M’era Luna und dem in diesem Jahr bereits vergangenen WGT zu den größten nationalen und auch internationalen Festivals der Schwarzen Szene. Wir möchten uns abschließend auch noch ganz herzlich bei den Organisatoren, dem Team vor Ort, den Bands und allen Fans bedanken – ohne euch alle wäre dieses Festival nicht dieses fröhliche, bunt-schwarze und familiäre Event, das es ist. Auf noch viele weitere Ausgaben des Amphi Festivals!!!
Text: Steph Lensky
Comments: Kira Hagen, Dominique Schluep, Dr. Mark Benecke + Ginger Chan
Photos Jardin De Belle Epoque: Kira Hagen
Photos Aftershow Party MS RheinEnergie: Dr. Mark Benecke
Video Combichrist: Dr. Mark Benecke
Photos Impressions + Eisbrecher: Steph Lensky
Photos Eisfabrik, Die Krupps + Stahlmann: Mandy Privenau